Zahnschmerzen gehören zu den häufigsten Gründen für einen Zahnarztbesuch – und das aus gutem Grund. Doch was, wenn trotz gründlicher Untersuchung und unauffälliger Röntgenbilder kein zahnmedizinischer Befund vorliegt? Wenn Zähne oder Kiefer schmerzen, obwohl sie objektiv gesund sind? Dieses Phänomen ist keine Einbildung – und verdient eine ernsthafte, ganzheitliche Betrachtung.

Wenn der Schmerz keine klare Ursache hat

Zahnschmerzen „ohne Befund“ sind nicht selten. In unserer Praxis hören wir von Patienten immer wieder: „Es pocht und zieht – aber mein Zahnarzt sagt, da ist nichts.“ Tatsächlich kann es zahlreiche Gründe für Zahn- oder Kieferschmerzen geben, die nicht direkt in den Zähnen selbst entstehen. Hier spielen häufig andere körperliche oder seelische Faktoren eine Rolle – manchmal auch beides gleichzeitig.

Stress, Psyche und Zähne – ein sensibles Zusammenspiel

Ein häufiger Auslöser ist Stress. Unterbewusst verarbeiten viele Menschen Belastungen über den Kiefer – etwa durch nächtliches Zähneknirschen (Bruxismus) oder unbewusstes Zusammenpressen der Zähne am Tag. Die Folge: verspannte Kaumuskulatur, Schmerzen im Kiefergelenk, Nacken- und Kopfschmerzen – und eben auch Zahnschmerzen, obwohl die Zähne selbst gesund sind.

In diesem Zusammenhang sprechen Fachleute oft von Craniomandibulärer Dysfunktion (CMD) – einer Störung im Zusammenspiel von Kiefergelenk, Muskulatur und Biss. Diese kann nicht nur durch Stress, sondern auch durch Fehlstellungen, Zahnverlust oder Haltungsprobleme ausgelöst werden. Umgekehrt kann CMD auch selbst Auslöser weiterer Beschwerden sein – etwa Tinnitus, Migräne oder Schulterverspannungen.

Wenn die Nerven irritieren

Auch neurologische Erkrankungen können Zahn- oder Gesichtsschmerzen auslösen. Ein bekanntes Beispiel ist die Trigeminusneuralgie – eine schmerzhafte Reizung eines Gesichtsnervs, die blitzartige, heftig einschießende Schmerzen verursachen kann. Diese werden nicht selten als Zahnschmerzen fehlinterpretiert, haben aber eine rein nervliche Ursache.

Körperhaltung, Wirbelsäule & Co.

Was viele nicht wissen: Auch die Wirbelsäule kann auf die Zähne wirken. Eine Fehlstellung im Bereich der Halswirbelsäule, etwa durch stundenlanges Sitzen am Bildschirm, kann muskuläre Dysbalancen verursachen, die sich bis in die Kaumuskulatur fortsetzen – und dort Beschwerden auslösen. Eine umfassende Diagnose berücksichtigt daher auch immer den Körper als Ganzes.

Auch HNO-Erkrankungen können ausstrahlen

Oft übersehen werden Kieferhöhlenentzündungen (Sinusitis), die insbesondere im Oberkieferbereich zu Druckgefühlen oder Schmerzen an den hinteren Backenzähnen führen können. Auch Ohrinfekte, Mandelerkrankungen oder sogar ein Herzinfarkt (wenn auch selten) können sich durch Schmerzen im Kiefer oder Unterkiefer äußern.

Wie findet man die wahre Ursache?

Eine rein zahnmedizinische Untersuchung reicht oft nicht aus. Stattdessen ist ein interdisziplinärer Blick gefragt – von Zahnmedizin über Orthopädie und HNO bis hin zur Psychosomatik. Die folgende Übersicht zeigt, welche Fachrichtungen je nach Symptomatik einbezogen werden sollten:

 

Untersuchung Ziel
Zahnärztliche Kontrolle Ausschluss kariöser, entzündlicher oder mechanischer Ursachen
CMD-Screening / Funktionsanalyse Überprüfung von Kiefergelenk, Biss und Muskulatur
Neurologische Untersuchung Ausschluss von Nervenirritationen oder Neuralgien
HNO-Untersuchung Prüfung von Nebenhöhlen, Ohren, Mandeln
Orthopädische/physiotherapeutische Analyse Haltung, Wirbelsäule, Muskelketten
Psychosomatische Diagnostik Aufdecken von Stress, Angst oder seelischer Belastung
Bildgebung (MRT, CT, Röntgen) Bei Verdacht auf strukturelle oder chronische Veränderungen

Was hilft wirklich?

Die Behandlung richtet sich stets nach der Ursache – und oft braucht es ein Zusammenspiel verschiedener Disziplinen. In vielen Fällen hilft bereits eine individuell angepasste Aufbissschiene, die nachts getragen wird. Sie schützt die Zähne und entspannt die Muskulatur.

Ergänzend kommen zum Einsatz:

  • Physiotherapie oder Osteopathie zur Entlastung von Kiefer und Nacken
  • Stressreduktionstechniken wie progressive Muskelentspannung oder Yoga
  • Psychologische Begleitung, wenn emotionale Faktoren eine Rolle spielen
  • Medikamente bei nervlich bedingten Schmerzen (nach ärztlicher Rücksprache)

Wichtig ist: Nicht warten. Denn je länger ein Schmerz unbehandelt bleibt, desto eher kann sich ein Schmerzgedächtnis ausbilden – und der Schmerz bleibt, auch wenn der Auslöser längst verschwunden ist.

Fazit: Erst zum Zahnarzt, dann weiterdenken

Zahnschmerzen ohne klaren Befund sind ein ernst zu nehmendes Signal des Körpers. Der erste Schritt sollte immer eine gründliche zahnärztliche Kontrolle sein – denn nur, wenn Erkrankungen an Zähnen oder Zahnhalteapparat ausgeschlossen wurden, lohnt sich der Blick über den Tellerrand.

Häufig liegt die Ursache in einem Zusammenspiel aus Körper, Geist und Zähnen. Bei Keep-Smiling nehmen wir uns Zeit, auch solchen Beschwerden auf den Grund zu gehen – und beraten dich bei Bedarf gerne zu weiterführenden Schritten.

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