CMD bei Kindern und Jugendlichen – früh erkennen und richtig handeln

17. Dezember 2025

Wenn schon junge Menschen über Kiefer- oder Gesichtsschmerzen klagen, Knacken im Gelenk wahrnehmen oder regelmäßig mit einem verspannten Kiefer aufwachen — dann sollte nicht nur an eine kurzfristige Beschwerde gedacht werden. Denn auch bei Kindern und Jugendlichen kann eine Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD) vorliegen, die bei frühem Eingreifen deutlich bessere Chancen auf Heilung hat. Eltern und Behandler sollten wissen: Frühdiagnostik lohnt sich – und Zahnspangen sind kein Allheilmittel.

Warum ist das Thema gerade bei jungen Menschen relevant?

Auch wenn CMD häufiger bei Erwachsenen thematisiert wird, zeigen Studien: Schon im Kindes- und Jugendalter treten Funktionsstörungen des Kausystems mit einer nicht unerheblichen Häufigkeit auf. Eine systematische Übersichtsarbeit fand bei Kindern und Jugendlichen eine Prävalenz von TMD (Temporomandibuläre Dysfunktion) im Schnitt bei etwa 11 %, wobei Symptome von Muskel-, Gelenk- oder Diskusproblemen teils höher lagen.
Eine andere Untersuchung ergab bei 7- bis 15-Jährigen 411 Probanden: Zeichen und Symptome von TMD in etwa 10-20 % der Fälle.

Diese Zahlen zeigen: Das Thema ist nicht selten – und da Kinder sich in Wachstum befinden, ist frühes Handeln sinnvoll.

Früherkennung: Woran erkennen Eltern und Behandler eine mögliche CMD?

Je früher eine Craniomandibuläre Dysfunktion erkannt wird, desto besser lässt sie sich behandeln – besonders bei Kindern und Jugendlichen, deren Kiefergelenke sich noch im Wachstum befinden.
Viele Anzeichen treten zunächst unscheinbar auf und werden leicht übersehen. Dabei lassen sich Funktionsstörungen des Kausystems schon im frühen Stadium gut erkennen – wenn man weiß, worauf man achten sollte.

Typische Hinweise auf eine mögliche CMD bei Kindern und Jugendlichen sind:

  • Wiederkehrende Kiefer-, Gesichts- oder Schläfenschmerzen, häufig morgens nach dem Aufwachen.
  • Knacken oder Reiben im Kiefergelenk beim Öffnen, Schließen oder Kauen.
  • Schwierigkeiten beim Kauen harter Kost, Ausweichbewegungen oder eingeschränkte Mundö
  • Starkes Zähneknirschen oder Pressen (Bruxismus) – vor allem nachts.
  • Eine auffällige Körper- oder Kopfhaltung, z. B. durch langes Sitzen oder häufige Smartphone-Nutzung, die muskuläre Fehlbelastungen begünstigen kann.

 

Für die Versorgung in Deutschland orientieren sich Zahnärzte und Kieferorthopäden an Empfehlungen der Fachgesellschaften. Bei anhaltenden oder wiederkehrenden Beschwerden wie Kieferknacken, Schmerzen oder Bewegungseinschränkungen ist eine standardisierte klinische Funktionsanalyse (DC/TMD) sinnvoll. Konservative, reversible Maßnahmen haben Vorrang; Okklusionsschienen kommen indikationsbezogen zum Einsatz und werden in einer aktuellen S2k-Leitlinie detailliert beschrieben.

 

Ein einfaches Kurz-Screening kann helfen, mögliche Risikofälle früh zu erkennen – zum Beispiel durch drei gezielte Fragen:

  1. Gibt es wiederkehrende Schmerzen im Kiefer- oder Gesichtsbereich?
  2. Tritt beim Öffnen oder Schließen ein Knacken oder Reiben auf?
  3. Fühlt sich der Kiefer manchmal „blockiert“ oder eingeschränkt an?

Werden eine oder mehrere dieser Fragen mit „Ja“ beantwortet, ist eine fachliche Abklärung durch Zahnarzt oder Kieferorthopäde empfehlenswert.

Zahnspangen, Haltungsschäden und Zusammenhang mit CMD

Eine craniomandibuläre Dysfunktion (CMD) entsteht selten durch nur eine Ursache. Vielmehr wirken mehrere Faktoren zusammen – von Zahn- und Kieferstellung über muskuläre Spannungen bis hin zu Haltung und Alltagsgewohnheiten. Gerade bei Kindern und Jugendlichen stellt sich daher oft die Frage, welche Rolle Zahnspangen und die Körperhaltung bei der Entstehung oder Vorbeugung einer CMD spielen. Aktuelle Studien geben darauf differenzierte Antworten und zeigen: Sowohl die Zahnstellung als auch die Körperhaltung können Einfluss nehmen, sind aber nur Teile eines größeren funktionellen Zusammenhangs.

 

Zahnspangen und CMD

Viele Eltern fragen: „Muss eine Zahnspange gemacht werden, um CMD zu vermeiden?“ Die Antwort ist klar: Nein.
Aktuelle Übersichten zeigen, dass eine Zahnspange (Orthodontie) nicht automatisch CMD verursacht oder verhindert. Eine Übersichtsarbeit stellte fest: Bei Kindern/Jugendlichen liegt die Prävalenz kombiniert mit Okklusionsanomalien bei variabler Ausprägung – aber eine direkte ursächliche Beziehung ist nicht mit durchgängiger Evidenz belegt.
Fazit: Eine Zahnspange ist eine sinnvolle Maßnahme bei zertifizierten Indikationen (z. B. Fehlbiss, Platzmangel), aber kein Ersatz für gezielte CMD-Therapie.

Haltung und CMD

Im Wachstum sind Haltung, Wirbelsäule und Kaumuskulatur eng miteinander verknüpft. Fehlhaltungen (z. B. Kopf nach vorne, viel Bildschirmzeit) können muskuläre Verspannungen im Kieferbereich begünstigen – und damit das Risiko für CMD erhöhen. Eine Querschnittsuntersuchung zeigt bei Kindern im Alter 7-15 Jahre eine Association zwischen Malokklusion und TMD-Hinweisen – allerdings mit geringer Evidenzstärke.
Haltungstipps, Bewegung und Bildschirm-Pausen sind dementsprechend ergänzende Maßnahmen, keine alleinige Therapie.

Behandlung bei Kindern und Jugendlichen – was hilft früh und sicher?

Wird eine CMD im Kindes- oder Jugendalter rechtzeitig erkannt, sind die Chancen auf eine vollständige Heilung ausgesprochen gut. Das liegt daran, dass sich Kiefergelenk, Muskulatur und Haltung noch im Wachstum befinden und sich Fehlfunktionen in dieser Phase besonders gut korrigieren lassen.
Entscheidend ist dabei ein schonendes, kindgerechtes Vorgehen, das auf Reversibilität und frühe Entlastung setzt – invasive Maßnahmen sind die Ausnahme.

Ziel ist nicht nur die Linderung aktueller Beschwerden, sondern auch die Vermeidung langfristiger Fehlentwicklungen. Dafür haben sich verschiedene konservative Behandlungsbausteine bewährt:

  • Aufklärung & Verhalten: Eltern und Kind werden über Kieferbelastung, nächtliches Zähneknirschen und ergonomische Gewohnheiten (z. B. Bildschirmzeit, Haltung) informiert. Ein besseres Verständnis führt häufig schon zu einer spürbaren Entlastung.
  • Physiotherapie / Manualtherapie: Frühzeitig angewandte Übungen zur Lockerung der Kaumuskulatur, zur Verbesserung der Nackenbeweglichkeit und zur Korrektur der Kopfhaltung helfen, muskuläre Dysbalancen zu lösen und Fehlhaltungen zu vermeiden.
  • Schutz- oder Aufbissschienen: Kindgerecht angepasste Schienen dienen der Entlastung des Kiefergelenks und der Muskulatur, insbesondere bei Bruxismus oder Schmerzen im Gelenkbereich.
  • Orthodontie & Funktionsanalyse: Bei einer nachgewiesenen Fehlstellung oder einem Fehlbiss kann eine kieferorthopädische Behandlung sinnvoll sein – jedoch immer in enger Abstimmung mit einer begleitenden Funktionsdiagnostik, um unnötige Belastungen zu vermeiden.
  • Regelmäßige Kontrolle: Da sich das Kausystem im Wachstum verändert, sind Verlaufskontrollen essenziell. Sie ermöglichen, die Therapie dynamisch an das Alter, das Wachstum und die Symptomveränderung anzupassen.

Irreversible Eingriffe wie umfangreiche Bissänderungen oder operative Maßnahmen sollten nur in Ausnahmefällen und nach interdisziplinärer Abklärung erfolgen – etwa wenn konservative Methoden keinen Erfolg zeigen oder strukturelle Anomalien vorliegen.

Fazit: Früh erkennen statt lange leiden

Eine Craniomandibuläre Dysfunktion bei Kindern und Jugendlichen ist kein Grund zur Sorge – aber ein Anlass, genau hinzuschauen.
Da sich das Kausystem in Wachstum und Entwicklung befindet, können Fehlfunktionen bei rechtzeitiger Behandlung meist vollständig korrigiert werden.
Warnzeichen wie Kieferknacken, Schmerzen beim Kauen oder morgendliche Verspannungen sollten daher nicht ignoriert, sondern frühzeitig abgeklärt werden.

Eine Zahnspange kann bei Fehlstellungen unterstützen, ersetzt aber keine gezielte Funktionsdiagnostik. Entscheidend ist ein Zusammenspiel aus kindgerechter Untersuchung, konservativer Therapie und gegebenenfalls physiotherapeutischer Begleitung.
Auch kleine Veränderungen im Alltag – wie bessere Körperhaltung, regelmäßige Bewegung und bewusste Bildschirmpausen – tragen zur Entlastung des Kausystems bei.

Wer früh handelt, schützt das Gelenk, vermeidet chronische Beschwerden und unterstützt eine gesunde Entwicklung des Kiefers.
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